Matthias Oberbacher Foto © Privat

Was bedeutet es heute, Vater zu sein? Zwischen traditionellen Rollenbildern und modernen Erwartungen stehen viele Väter vor der Herausforderung, ihren Platz in Familie, Beruf und Gesellschaft neu zu definieren. Beim 12. KFS-Familienkongress am 14. und 15. November 2025 wird dieses Spannungsfeld in einem zentralen Vortrag mit Podiumsdiskussion aufgegriffen. Mit dabei ist auch Matthias Oberbacher, einer der Hauptreferenten des Kongresses. Im Gespräch mit dem Redaktionsteam spricht er über Chancen und Stolpersteine moderner Vaterschaft, persönliche Erfahrungen und darüber, was es braucht, damit Väter heute nicht nur mitlaufen, sondern aktiv mitgestalten.

Ein Interview mit Matthias Oberbacher, Vater von drei Kindern, Soziologe, Erwachsenenbildner und zuständig für die Väterwerkstatt bei der Katholischen Männerbewegung. Beim 12. KFS-Familienkongress spricht er am Freitag, 14.11.2025 ab 16:30 über Vater sein heute: Neue Rollenbilder und Chancen für Väter

 

1. Herr Oberbacher, wie hat sich Ihre eigene Vorstellung vom Vatersein im Lauf der Jahre verändert und was war dabei besonders überraschend?
Ich habe viele Phasen durchlebt, von Freude bis Überforderung. Mit unseren drei Kindern, Zwillingen (18) und einer Tochter (15), war vor allem die Anfangszeit intensiv. Als aber das Schlimmste herum war, tappte ich in die klassische Falle: mehr Arbeit, mehr Verantwortung, bis alles zusammenbrach. Da wurde mir klar: Ich will aktiv für meine Kinder da sein und warf sehr viel Ballast über Bord. Überrascht hat mich, wie stark man sich persönlich verändert. Man wächst mit den Kindern mit. Vatersein ist kein fixer Zustand: es ist ein Prozess, der einen prägt und bereichert.

2. Sie sprechen beim Kongress über die Vaterrolle zwischen Tradition und Moderne. Was macht diesen Spagat für viele Männer so schwierig?
Viele Männer stehen zwischen zwei Welten: dem klassischen Rollenbild und dem Wunsch sich im Familienalltag aktiv einzubringen. Oft fehlt es aber an strukturellen Möglichkeiten, diesen Wunsch zu leben und allzuoft wählt man(n) den einfacheren Weg. Die Rolle des Vaters erfährt zurzeit ein gesellschaftlicher Wandel, der allerdings geregelte Rahmbedingungen, Zeit und Unterstützung braucht.

3. Viele Männer stehen heute zwischen zwei Welten – der traditionellen Rolle, mit der sie selbst aufgewachsen sind, und den modernen Erwartungen an aktive Vaterschaft.
Das klassische Bild „Vater als Versorger, Mutter als Kümmerin“ prägt viele noch immer. Heute möchten Männer mehr: präsent sein, sich einbringen, Verantwortung teilen. Doch Arbeitszeit, fehlende Teilzeitmodelle und ökonomischer Druck machen das schwer. Viele fühlen sich zerrissen zwischen Familienwunsch und beruflicher Realität. Was fehlt, sind unterstützende Strukturen und Vorbilder, die diesen Spagat sichtbar und lebbar machen.

4. Viele Väter möchten sich mehr einbringen, aber strukturell (Job, Zeit, Geld) ist das oft schwer. Was müsste sich ändern, damit das realistisch wird?
Es braucht ein Umdenken in Betrieben und Gesellschaft. Väter müssen ihren Anspruch auf Vaterschaftszeit wahrnehmen, ohne Angst vor Nachteilen. Je mehr das tun, desto stärker verändert sich die Wahrnehmung. Und es braucht klare gesetzliche Rahmenbedingungen: längerer Vaterschaftsurlaub, bessere Vereinbarkeit, finanzielle Absicherung für beide Elternteile.

5. Was passiert in der Väterwerkstatt, die Sie leiten, konkret und was nehmen Väter aus diesen Treffen mit?
Die Väterwerkstatt der Katholischen Männerbewegung will Vaterschaft positiv in den Fokus rücken. In Workshops, Gesprächen und Treffen stärken wir Männer in ihrer Rolle als Vater. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Austausch, Reflexion und Stärkung und oft darum, neue Perspektiven auf das eigene Vatersein zu gewinnen. Dabei dürfen wir nicht vergessen: Kinder brauchen beide Elternteile. Ziel sollte es sein, Mütter und Väter in eine ausgewogene Balance zu bringen und in ihrer Verantwortung, in ihrer Präsenz und in ihrer Bedeutung für die Erziehung zu stärken.

6. Wie verhindern Sie, dass moderne Vaterschaft zur neuen Leistungsdisziplin wird mit perfektem Vater, Partner und Berufsmensch in einem?
Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, alles perfekt machen zu müssen. Es geht nicht darum, Event-Vater zu sein, sondern im Alltag präsent: zuhören, da sein, begleiten. Vaterschaft ist Beziehung, keine Bühne. Sie ist nicht zeitlich begrenzt, sie begleitet ein Leben lang und verändert sich stetig. Und genau darin liegt ihre Stärke.

7. Es gibt Kritik, dass Väter oft Applaus für Dinge bekommen, die bei Müttern selbstverständlich erwartet werden. Wie sehen Sie das?
Diese Kritik ist berechtigt. Ich habe erlebt, wie man als Vater für normale Dinge gelobt oder kritisch beäugt wird. Doch je mehr Männer selbstverständlich Verantwortung übernehmen, desto mehr wird sich diese Wahrnehmung wandeln. Wenn Beteiligung zur Normalität wird, braucht es keinen Applaus mehr, nur Gleichwertigkeit.

8. Warum sollten Väter und nicht nur Mütter unbedingt beim KFS-Familienkongress dabei sein?
Weil Familie alle betrifft, nicht nur Mütter. Der Kongress bietet Raum für Austausch über Rollenbilder, Herausforderungen und Perspektiven. Väter sollen dabei sichtbar sein, mitgestalten und Verantwortung übernehmen und nicht nur im Alltag, sondern auch in gesellschaftlichen Debatten über Familie.

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*Bitte teilen Sie bei der Anmeldung mit, an welchen Workshops (A oder B, C oder D) Sie teilnehmen. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Sobald die max. Teilnehmeranzahl erreicht ist, erfolgt eine Zuteilung am parallelen Workshop. 

Anmeldeschluss: 04.11.2025

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Interview: Verena Wachter