„Net amol ignorieren…“, möchte man gern mit Karl Kraus ausrufen, wenn man an verschiedene Anlässe und Meldungen der vergangenen Tage und Wochen denkt. Aber es ist leider notwendig, genauer hinzuschauen.

Da ist zum einen die Erhöhung der Unterschriftensammlung für drei Volksbefragungsanträge, die derzeit in den Gemeinden des Landes aufliegt. Es geht bei den Anträgen um das „Recht auf Eigenproduktion von Lebensmitteln“, dann um das „Recht auf Bargeldzahlung“ und schließlich um den „Stopp der Gender-Indoktrination in den Schulen“. Initiiert wurde die Unterschriftensammlung von einer Organisation namens „Liberi In Veritate“. Man reibt sich die Augen: Es gibt eigentlich kein Verbot der Eigenproduktion von Lebensmitteln, ebenso kein Verbot von Bargeldzahlungen. Ebenso keine von irgendwem angeordnete „Gender-Indoktrination“ in den Schulen. Wozu das Ganze also? Offensichtlich geht es den Initiatoren darum, Ängste zu schüren und die Diskurshoheit über bestimmte Themen zu besetzen.

Gewährsmann der Betreiberorganisation „Liberi In Veritate“ ist Mons. Carlo Maria Viganó, ein im Schisma mit der katholischen Kirche lebender Bischof und einer der schärfsten Gegner von Papst Franziskus. Er tut sich mittlerweile als Propagandist von Verschwörungserzählungen, als Corona-Leugner und als Putin- und Trumpverehrer hervor. Mehr braucht man nicht zu sagen, um zu verstehen, wes Geistes Kind die Initiatoren sind.

Eine Meldung dieser Tage möchte man ebenfalls „net amol ignorieren…“. Aber auch hier müssen wir hinschauen. Der Neo-Abgeordnete Wirth-Anderlan ließ auf Nachfrage wissen, dass er daran denke, Martin Sellner nach Südtirol einzuladen. Wir erinnern uns: Sellner ist jener Herr, der vor einigen Wochen in Potsdam von der Remigration phantasiert hat und offen rassistische, völkische und antisemitische Positionen vertritt. Sellner ist Chefideologe der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich, die vom österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung beobachtet wird.

In Deutschland und in der Schweiz drohen Sellner bereits Einreisesperren. Will er sich jetzt mit der Hilfe von Wirth Anderlan eine öffentliche Plattform in Südtirol für seine rechtsextremen und kruden Verschwörungstheorien schaffen, etwa über einen angeblichen Bevölkerungsaustausch in Europa oder den Zusammenhang zwischen der Covid-Pandemie und der Migration? Es geht Wirth-Anderlan offensichtlich um Provokation und Medienaufmerksamkeit. Aber nicht nur: Es wird damit auch ein

öffentlicher Raum geschaffen, in dem rechtsextremes Gedankengut und menschenverachtende Ungeheuerlichkeiten aussprechbar und diskutierbar werden. Wirth-Anderlan ist dabei, seine wahre Gesinnung zu offenbaren.

Als Christinnen und Christen sollten wir wachsam sein gegenüber solchen und ähnlichen Tendenzen und Aktivitäten. Das Katholische Forum sagt Nein zur Unterschriftensammlung von Liberi In Veritate und zur Einladung Martin Sellners.

Quelle: Pressemitteilung Katholisches Forum